Muntii Vrancei
Eine
Wanderung durch das Vrancea - Gebirge in den Ostkarpaten.
Einleitung
In
den rumänischen Karpaten kann man noch viel unberührte Natur finden, sagen
viele Karpatenkenner und auch Willi Scherz.
In
den rumänischen Karpaten gehört aber auch zu dieser Natur eine Weidewirtschaft.
Und wo Schafe und andere Nutztiere sind, dürfen Hirtenhunde nicht fehlen.
Kommen
die Karpaten, Willi und die Hirten mit ihren Hunden zusammen, entstehen Bilder,
wie die folgenden und die sind es allemal wert, gezeigt zu werden.
Das
malerische Örtchen Lepsa war noch bis vor wenigen Jahren sehr isoliert.
Die
Fläschchen klaren Inhalt´s waren sozusagen das Objekt unserer Begierde. Ins
Gebirge, ohne einen guten Tropfen im Gepäck, undenkbar!
Auf
dem Weg zum Kloster Lepsa, hatten wir dieses einladende Magazin Mixt schon
registriert. Besonders imposant, das dazugehörige Dienstfahrrad. :-) ! Innen
ist es urgemütlich und der Besucher erkennt an dem Kanonenofen und dem
Fernseher sofort, dass es sich hier um ein ganzjährig betriebenes Unternehmen
handelt.
Eingang
zur Reservation. In
dem Flachbau zur linken Seite, müssen die Wanderer eine
"Eintrittskarte" zur Tisita - Reservation kaufen. "3000
Lei" waren auf dem "bilet de intrare" verzeichnet.
Das
malerische Felsental der Tisita kann man im unteren Bereich kaum fotographisch
"einfangen".
Die
Forststrasse zweigt nach ca. 8 km nach rechts ab ins Tal der "Kleinen
Tisita". Am ersten Tunneldurchbruch endet die Passierbarkeit der Strasse
für Fahrzeuge wegen Bruchgestein.
Das
Tal ist sehr urig, felsig und führt durch zwei kurze Tunneldurchbrüche. Dann
heißt es Acht gegeben, denn auf der linken Seite hinter Büschen, befindet sich
der lange Tunnel, welcher ins Tal der Tisita Mare führt. Eine weitere Markierung
führt geradeaus zu dem Bergdorf Gresu.
Das
typische Gestein des Muntii Vrancei ist der Flysch. Er prägt das Gebirge auf
ganz sonderbare Art. Die Flyschplatten ragen um ca. 80° nach oben empor. Oft
sieht man wellenförmige Verformungen und interessante Schichtungen.
Wenn
man den langen ehemaligen Bahntunnel durchschritten hat, gelangt man ins Tal
des "Valea Tisita Mare". Wir hatten Glück – Niedrigwasser! Nach
stärkeren Regenfällen steigt hier der Wasserpegel an und es ist nur noch eine
Passage über diesen riesigen rutschigen Baumstamm möglich. Ab hier gibt es nur
noch schmale Fusspfade.
Nach
der zweiten Furt führt der Pfad zunächst steil bergauf und man gelangt zu einem
malerischen Aussichtspunkt. Talwärts bietet sich ein schöner Blick auf die
markante Flysch - Pyramide, welche dadurch entstanden ist, dass einige
Schichtungen in die Tisita Mare abgerutscht sind und das Bruchgestein dann über
einen langen Zeitraum hinweg abgetragen wurde.
Alte
Sennhütte (Stâna veche)
Die
alte Sennhütte ist seit drei Jahren verlassen, weil die Region hier zur
Kernzone der Tisita - Reservation erklärt wurde. An dieser Stelle zweigt der
Wanderpfad -rotes Dreieck- ab, folgt einem Stück dem Cristianu Mic - Bach und
steigt dann nach links hinauf, auf das gegenüber liegende Massiv zum Vf. Golul Roibului (1461 m).
Was
will man mehr, den Abend verbrachten wir nicht in den nahe stehenden Zelten,
sondern am Feuer in der alten Sennhütte. Dazu ein guter Tropfen aus Lepsa.
Nahe
der Sennhütte verläuft der Tisita
Mare-Bach in einer großen S-Kurve. Wir haben einen verregneten Tag und
verbleiben somit länger als geplant in dieser schönen Region, in der sich außer
uns, noch 6 freilebende Pferde aufhalten. Das Wasser der Tisita ist stark
angestiegen und aus dem sonst sanft daher fließenden Bach ist ein reißender
Fluss geworden.
Blick
unterhalb des Vf. Golul Roibului
Zeltplatz
nahe der Stâna ! Würden
wohl die Hirten schon Anfang Juni in den Bergen sein? Diese Frage beschäftigte
mich bis hierher. Dann kam die "Frohe Botschaft": Sie sind da!!! Wir
bauten die Zelte nahe der Hirtenhütte auf und der Platz war nicht schlecht
gewählt. Denn wenig später kam ein Hirte mit einem Eimer zu uns und holte von
einer nahen Quelle Wasser für die Stâna. Wir kündigten schon einmal unseren
Besuch an und der Hirte nickte wohlwollend. Rechts unserer Zelte erhob sich ein
schöner felsiger Grat, welcher eine Fortsetzung des Vf. Cristianu (1629 m)
darstellt. Links fallen steil und dicht bewaldete Hänge hinab ins Valea Coza.
Ein seltenes
Werkzeug wird hier verwendet, aber recht typisch wohl für die Region des
Vrancea. Nach der ersten Lagerung des neuen Käse, wird dieser erneut auf dem
"Ravacu" (einer Art Rüffelholz) zerkleinert. Es soll möglichst viel
Wasser aus dem Käse weichen. Danach wird der zerkleinerte Käse erneut in dem
Holzbottich festgestampft und für eine weitere Zeit zum Trocknen gelagert.
So
schaut er aus, der Schafkäse in seiner vollendeten Form. Der Hirte Stan
Sácálus, einer von drei Hirten der "Stâna Fata Cozii", findet sich
gern zum Fototermin ein.
Cheag (Labmagen) Cheag în Piele de Miel de
la Stomac.
In
diesem Labmagen wird das wertvolle Kälberlab gelagert, welches die Hirten
benötigen, um die Gerinnung der Milch auszulösen. Die Art dieses Behältnisses
findet man beinahe "standardmäßig" in den Regionen des Vrancea vor.
Karpatenwilli´s
Beißtraining ... Ja, da konnte ich
nicht anders, als die zwei Wuschelknäule waschechter Hirtenhunde neugierig auf
mich draufzugeschlackst kamen. Beißtraining ist schließlich wichtig, denn wer
würde künftig sonst noch meinen Hundeknigge benötigen !
Der
Bergkamm über der Stâna erhob sich so imposant, dass ich der Versuchung nicht
widerstehen konnte, zur abendlichen Stunde noch allein hinaufzusteigen. Die
Wetterbedingungen sprachen dafür, dass noch ein schöner Sonnenuntergang zu
erwarten war. Also dann nix wie los. Gegen 20 Uhr war ich nach 50 min. oben und
der Ausblick war wunderschön. In diesem Falle Blick gen Südost auf die
"Culmea Munti Soarbele", welche sich bis 1359 m erhebt. Unten rechts
im Bild das Areal der Stâna Faza Cozii. Insgesamt liegen hier drei
Schäferhütten recht dicht beieinander.
Abendlicher
Blick gen Südwest. Der
Blick geht hinüber auf die Dl. Negru Culmea Tichertului, wohin unsere
Überschreitung des nächsten Tages, Richtung Saua Tisitei, geplant war.
Abendlicher
Blick gen Nordost. Der
Blick geht in Richtung Nordost auf den Vf. Cristianu (1629 m). Das geübte Auge
erkennt sofort eine weitere Stâna links vom Kamm!
Abendlicher
Blick gen Nordwest. Der
Blick geht über das tiefe Tal der Tisita Aurie hinweg, in Richtung Culmea
Condratu.
und
im Westen geht die Sonne unter! Was
für eine schöne Lebenszeit war es für mich, Mutter Natur von dieser "Plattform"
aus zu dieser Zeit erleben zu dürfen! Aber der Abend hat erst begonnen und auch
die Reize menschlicher Hirtenkultur locken mich zum späten Abstieg.
Hirtenkultur! Da bin ich zurück und im
letzten Tageslicht locken schon die Flötentöne. Ach, was ist ein Menschenherz
bewegt, betritt dessen Träger zu dieser Abendzeit eine rumänische Hirtenhütte!
Das Wasser für die Mámáliga ist schon aufgesetzt, das Feuer knistert daher, die
Hirtenflöte im schnellen Rhythmus rumänischer Folklore, ab und zu mähert ein
Schäfchen, ein Hund bellt prophylaktisch in die Weite der Dunkelheit hinaus,
und dann .... nein nein, nicht einfach so eine Mámáliga für die Gäste, heut
heisst die Spezialität "Bulz". Extra für uns formen die Hirten eine
grosse Mámáligakugel, gefüllt mit Schafkäse und die brutzelt dann noch einige
Minuten in der Glut des Feuers daher ...
...
auch ein Hirtenhund mag am Zelt eines Wanderers ähnlich entzückt sein und seine
Gedanken mögen den meinigen vom gestrigen Abend nicht nachstehen, nur dass die Spezialität
für die Lockenköpfe nicht "Bulz" sondern "Speck" ...
"Salami" oder ähnlich heißen mag.
Wann
also gibt´s ein Leckerli? Beim
Anblick dieser Bilder muss einem doch jede Angst vor Hirtenhunden vergehen,
oder?
Der
Berg ruft ! Wir haben´s erhört und
stehen staunend auf einem der schönsten Aussichtspunkte des Vrancea. Der Blick
geht hinüber zu unseren gestrigen Freunden. In der Bildmitte, beinahe exakt
abgegrenzt vom Wolkenschatten, beginnt das absteigenden Coza -Tal, welches
hinunter nach Tulnici führt. Ein Pass, etwa entlang der Schattenlinie, führt
von unserer Stâna hinüber zum Vf. Bolboace (1548 m), von dem aus sich dieser
überwältigende Blick bietet. Das aufgefaltete Flyschgestein lässt die
Landschaft noch grandioser erscheinen als sie eh schon ist! Wir haben hier über
eine Stunde festgesessen und konnten uns kaum trennen von dieser schönen
Aussicht.
Blick
auf den Vf. Cristianu, an
dessen rechter Flanke die Stâna Fata Cozii und die Stâna Háulestenilor liegen.
Wegzeit bis hier hinüber etwa 5-6 Stunden. Schmale Waldpfade und viele
umgestürzte Bäume!
Blickt
man vom Vf. Bolboace nach Westen, so kann man den weiteren Kammverlauf Richtung
Saua Tisitei gut verfolgen. Hinter der hellen Bergflanke - im Bild oben rechts
- steigt der Grat etwas ab zur Saua Tisitei. Wer es dann ganz wild und
unzugänglich habe will, der wandert dort nach rechts einer absteigenden
Forststrasse hinunter, welche nach ca. 3 km im dann weglosen Valea Tisita Aurie
endet. Hier kann man zurück zur alten Sennhütte wandern. An der Saua Tisitei
steigt die Forststrasse linksseits hinunter ins Náruja-Tal, welches nach Brádet
– Vetresti -Herástráu führt. 1 km über Brádet befindet sich das Kloster Valea
Neagrá. Aber bis dahin sind es noch ca. 30 km!
Neue
Hundefreundschaften schlossen
wir an unserem neuen Zeltlager nahe Saua Tisitei. Obwohl die Hirtenhunde auf
den ersten Blick etwas finster dreinschauen, erkennt das geschulte Auge in
ihnen eher Zurückhaltung, Vorsicht und Ängstlichkeit. All das haben wir aber
mit ein paar Leckerlis aufgelöst.
Ist
der Hund zufrieden, dann
freut es auch einen echten Karpatenfreund. Wir sind jedenfalls mit
wunderschönen Eindrücken und Fußschmerz über das unendliche Valea Náruja nach
Brádet abgestiegen.
Die
Glücksbringer ! Nach
ca. 15 km mit den schweren Rucksäcken auf stetig absteigender Forststrasse
schienen sich unsere Füße zu Schnellkochplatten zu verwandeln. Aber Rumänien
wäre nicht Rumänien, träfe nicht in einer scheinbar ausweglosen Situation ein
freudiges Ereignis ein. Wir holten beim Abmarsch zwei pausierende
Pferdegespanne ein. Die zwei Herren transportierten Holzpfähle nach Plostina.
Ein Blick auf die Karte verriet uns schnell, dass dieser Weg auch vorbei am
Kloster Valea Neagrá führt. Und da sind wir schon.
Glücksbringerportrait! So schaun sie aus, die zwei
rumänischen Freunde, welche uns so sehr geholfen haben. All zu gern hätte ich
ihre Familien und ihre Höfe kennen gelernt, aber das Kloster interessierte uns
eben auch.
Abendstimmung in
Vetresti – Herástráu. Da
sitzen wir nach einem langen und erlebnisreichen Tag und die Köpfe voller
Eindrücke.
Nachsatz
Wir
bedanken uns ganz herzlich bei Willi für die Genehmigung, einige ganz wenige
seiner Bilder veröffentlichen zu dürfen. Wer Karpaten „satt“ sehen will, dem
sei die Seite von Willi empfohlen. Wenn es je ein Vorbild gegeben hat für die
Hirtenhundewelt, dann ist es diese Seite.
Warnung
Wer
sie öffnet, kommt so schnell nicht mehr weg. Als meine Frau und ich zum ersten
mal einen „Karpaten – Besuch“ machten, war es so ca. 22.oo Uhr. So gegen halb
drei meinte meine Frau, wir sollten doch so langsam ins Bett gehen.
Wer
dann immer noch nicht genug hat, dem oder der sei das dazugehörende Buch
empfohlen, zu bestellen hier: www.karpatenwilli.com/robuch.htm